Wie steht es um die Digitalisierung im Schweizer Spitalwesen?
Dieses Jahr wird in allen stationären Einrichtungen (Spitäler , Rehakliniken und Psychiatrien) das elektronische Patientendossier (EPD) eingeführt. Das Projekt wird seit 2009 diskutiert. Über zehn Jahre später ist es nun soweit, nicht zur Freude aller Parteien. Denn die obligatorische Einführung ist nicht für alle zwingend und stellt für diejenigen Institutionen, welche von Gesetzes wegen dazu verpflichtet werden, einen enormen Aufwand dar.
Das Wichtigste zum EPD
- Stationäre Einrichtungen (Spitäler, Rehakliniken und Psychiatrien) sind verpflichtet, bis 2021 ihren Patienten EPDs anzubieten
- Geburtshäuser und Pflegeheime müssen bis 2022 nachziehen
- Ambulante Leistungserbringer (Ärzte, Spitex und Apotheken) entscheiden individuell, ob sie beim EPD mitmachen möchten
- Für die Bevölkerung ist es freiwillig
- Es besteht ein Bundesgesetz über EPD
Klare Vorteile für den Patienten
- Speicherung von persönlichen Gesundheitsdaten wie Röntgenbilder oder Arztberichte an einem zentralen Ort
- Jederzeitiges Abrufen der Daten möglich
- Der Patient entscheidet, wer Zugriff auf seine Daten hat
- Der Patient hat zu jeder Zeit Einsicht in seine Akten. Bis anhin musste er die Dokumente jeweils bei seinem behandelten Arzt einfordern
- In einer Notsituation (z.B. bei Bewusstlosigkeit des Patienten) können Gesundheitsfachpersonen auch ohne Zugriffsrechte auf das EPD zugreifen, sofern dieser Zugriff in den Einstellungen nicht aktiv untersagt wird
Für die Ärzte und das Gesundheitswesen ist der Nutzen eines E-Patientendossiers in der jetzigen Form noch nicht ganz klar. Gemäss einer Befragung von Synpulse aus dem Jahr 2020 existieren unterschiedliche Meinungen zwischen den Unternehmensbereichen. Dabei sehen die Befragten aus dem Bereich Medizin/Pflege den grössten Nutzen gefolgt von der Geschäftsleitung/Direktion. Am deutlich niedrigsten stuft der Bereich IT/Medizintechnik den Nutzen eines EPDs ein. Diese kritische Haltung kann damit zusammenhängen, dass IT und Direktion näher bzw. direkt am Umsetzungsprozess mitbeteiligt sind und die Herausforderungen besser kennen und einschätzen können.
Mögliche Vor- und Nachteile für Patient und Gesundheitsfachperson
- Transparenz in der Behandlung und bessere Behandlungsqualität, da alle relevanten Arztberichte für eine fundierte Diagnosestellung und Weiterbehandlung vorhanden sind
- Das Risiko von Fehlentscheidungen wird gesenkt
- Notfallmassnahmen können schnell aufgrund Einsicht in das EPD vor Ort eingeleitet werden
- Wie umfassend das EPD von Patienten und Gesundheitsfachpersonen genutzt wird, ist noch nicht klar
Dabei werden kritische Stimmen seitens Gesundheitsinstitutionen laut:
- Das EPD sei ein PDF-Ablageordner und eine Wüste von vielen Dokumenten , in der sich Arzt und Patient erst einmal zurechtfinden muss
- Zum Beispiel lassen sich keine elektronischen Rezepte erstellen oder eine automatische Zusammenstellung der Medikation ist auch nicht möglich
- Das EPD kostet viel und bringt verhältnismässig mehr Aufwand als Ertrag
- Der Aufwand die Daten bereitzustellen ist riesig und bringt vergleichsweise zu wenig Nutzen. Zumal nicht alle Akteure im Gesundheitsbereich dazu verpflichtet werden
Ist eine Effizienzsteigerung durch das EPD gewährleistet?
Aus der Synpulse-Studie geht hervor, dass sich hier ein ähnliches Bild wie bei der Frage nach dem Mehrwert zeichnet. Der Bereich Medizin/Pflege geht zu 51% von einer Verbesserung der täglichen Arbeit aus. Hingegen sehen 35% der Geschäftsleitung/Direktion, 34% der IT/Medizintechnik und 27% der Unternehmensentwicklung keinen Effizienzgewinn durch das EPD.
Die grössten Hemmschwellen für eine optimale Nutzung des EPDs sehen die Befragten der Synpulse-Studie im personellen Ressourcenmangel. Gefolgt von zu geringer Priorität, welchem dem Thema zugesprochen wird oder fehlendes Projektbudget.
Ursprünglich wäre die Einführung auf April 2020 geplant gewesen. Der Start wurde aber aufgrund eines erweiterten Zertifizierungsverfahrens verschoben. Es bleibt weiterhin offen, wann das EPD überall in der Schweiz verfügbar sein wird.
Quelle: Markstudie der Management-Beratung Synpulse 2020 – Auf dem Weg zum «digitalen Spital».
Bild: www.patientendossier.ch
Wie steht es um die Digitalisierung im Schweizer Spitalwesen?
Inwieweit begleiten und unterstützen Schweizer Spitäler ihre Patienten auf ihrem Patientenpfad? Der Patientenpfad wird in die drei Phasen
, vor, während und nach dem Spitalaufenthalt, eingeteilt. Dabei soll der Patient in den Mittelpunkt gerückt und die Prozesse seinen Bedürfnissen angepasst werden.Digitalisierung entlang der Phase vor dem Spitalaufenthalt
In der Phase vor dem eigentlichen Spitalaufenthalt liegt der Fokus auf der optimalen Vorbereitung für den Patienten und das Spital. Mittels digitalen Tools soll der Patient möglichst einfach und effizient alle administrativen Aufgaben erledigen können. Dazu zählen zum Beispiel das Übermitteln von administrativen Daten, die Menüauswahl oder präoperative Beratungs- und Aufklärungsgespräche. Aktuell finden sich aber kaum digitale Instrumente in den Spitälern, welche diese Phase des Patientenpfads unterstützen würden.
Digitalisierung entlang der Phase während dem Spitalaufenthalt
In dieser Phase geht es vor allem um die Gestaltung einer effizienten und transparenten Koordination und Kommunikation mit dem Patienten. Digitale Hilfsmittel können dabei helfen, den Aufenthalt für den Patienten angenehmer zu gestalten. Self-Services in dieser Phase betreffen vor allem digitale Medikationspläne, Terminverwaltungen, Patientenbefragungen oder Dienstleistungen rund um die Hotellerie wie zum Beispiel die digitale Menübestellung. Bis heute werden diese Services aber noch sehr zurückhaltend eingesetzt. Die digitale Gebäudenavigation kommt praktisch in keinem Spital zur Anwendung. Immerhin scheint der Ansatz der Hotellerie-Services in rund der Hälfte der befragten Spitälern in Diskussion zu sein.
Digitalisierung entlang der Phase nach dem Spitalaufenthalt
In dieser Phase geht es um eine optimale Unterstützung des Patienten, damit der Genesungsprozess und die weitere Nachsorge optimal gestaltet werden kann. Die Autoren dieser Studie sehe hier ein grosses Potential, da sich hier der digitale Austausch zwischen Spital und Patient im Wesentlichen darauf beschränkt, dem Patienten Dokumente bereitzustellen. Einen Mehrwert für den Patienten, aber auch für das Spital wären hier Service-Leistungen wie die digitale Unterstützung für die Nachsorge-Untersuchung oder digitale Kommunikationsmöglichkeiten, welche über den üblichen Email-Verkehr hinausgehen.
Fazit und Ausblick
Eine ganzheitliche digitale Unterstützung des Patientenpfads durch die Schweizer Spitäler erfolgt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Digitale Instrumente werden vor allem in den Phasen während und nach dem Spitalaufenthalt eingesetzt. Vor dem effektiven Aufenthalt existieren so gut wie keine Self-Services, welche eine effizientere Prozessgestaltung ermöglichen und dabei den Patienten so gut möglich unterstützen würden. Die COVID-19 Pandemie brachte auch die fehlenden digitalen Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Mitarbeitenden selbst wie auch die Kommunikation zwischen Spital und Patient zum Vorschein. Jedoch wurden zwischenzeitlich in vielen Spitälern digital aufgerüstet und Potentiale in diesem Bereich erkannt.
Im vierten und letzten Teil dieser Blog-Serie geht es um das Thema «elektronisches Patientendossier».
Quelle und Bilder: Markstudie der Management-Beratung Synpulse 2020 – Auf dem Weg zum «digitalen Spital».
Blog-Serie 2/4: Wie steht es um die Digitalisierung im Schweizer Spitalwesen?
Die Digitalisierung ist in vielen Bereichen bereits weit fortgeschritten und nimmt , nicht zuletzt auch wegen Corona, an Fahrt auf. Entsprechend ändern sich dadurch auch unsere Erwartungen und Bedürfnisse bezüglich Effizienz, Qualität und Kosten. So auch im Gesundheitsbereich. Als Patient setzen wir länger je mehr voraus, dass Serviceleistungen unabhängig von Ort und Zeit zur Verfügung stehen.
Doch was versteht man unter digitalen Self-Services? Damit werden automatisierte Serviceleistungen verstanden , die der Kunde ohne Beteiligung einer Drittperson in Anspruch nehmen kann. Während solche Services in vielen Branchen bereits fest etabliert sind, hinken Schweizer Spitäler der digitalen Transformation noch immer hinterher. Dabei würden gerade solche Self-Services vor, während und nach dem Spitalaufenthalt einen bedeutenden Nutzen für Patient und Spital darstellen.
Online Check-in als Beispiel für eine Self-Service Leistung vor dem Spitalaufenthalt
Nutzen für den Patienten
Für den Patienten bringt ein online Check-in in vielerlei Hinsicht einen grossen Nutzen. Zum einen kann er bequem von zu Hause aus sich für den bevorstehenden Spitalaufenthalt anmelden und seine administrativen Daten elektronisch übermitteln. Zudem gibt es ihm ein gutes Gefühl, dass er auf eine gewisse Art und Weise Einfluss auf den Prozess nehmen kann, was wiederum zu einer gesteigerten Zufriedenheit führt.
Nutzen für das Spital
Werden dem Patienten immer mehr Arbeitsschritte übergeben, so können Prozesse entschlackt und gegebenfalls konsolidiert werden, was wiederum zu einer effizienteren Prozessgestaltung führt. Weg von administrativen Aufgaben hin zu wertschöpfenden Arbeitsprozessen.
Gemäss der Spitalstudie von Synpulse liegt der Fokus von digitalen Self-Services in Schweizer Spitälern vorwiegend auf administrativen Leistungen vor dem Spitalaufenthalt. Nur wenige Spitäler haben in digitale Service-Leistungen während und nach dem Aufenthalt investiert. Das Potential von «Patient-Empowerment» ist gegenwärtig noch völlig ungenutzt. Brisant ist zudem, dass bei keinem der befragten Spitäler in der Kategorie Hotellerie keinerlei Self-Services gefunden werden konnten.
Corona hat ein Umdenken bzgl. Digitalisierungsstrategien bei den Spitälern gefordert und so sind einige Institutionen aktuell daran, sich mit diesem Thema aktiv auseinanderzusetzen.
Im dritten Teil dieser Blog-Serie geht es um das Thema «Digitalisierung entlang des Patientenpfads».
Quelle: Markstudie der Management-Beratung Synpulse 2020 – Auf dem Weg zum «digitalen Spital». https://themagazine.synpulse.com/
Photo: IStock
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- Krisenkommunikation
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- Jahresbericht 2020
- weitere Kommunikationsprojekte
Wie steht es um die Digitalisierung im Schweizer Spitalwesen?

Das Schweizer Gesundheitswesen geniesst national wie auch international eine hohe Reputation. Die Corona-Pandemie stellte die Gesundheitsinstitutionen auf die Probe und zeigt in verschiedenen Bereichen die Stärken wie auch die Schwächen auf. Während die Krankenhäuser in der Schweiz seit geraumer Zeit unter anhaltendem Kostendruck stehen , nimmt dieser in der Krise weiter zu. Es erfolgen gesetzliche Einsparmassnahmen, welche die Rahmenbedingungen mitunter noch weiter verschärfen.
Das sind aktuell die wichtigsten Herausforderungen im Schweizer Gesundheitswesen:
- Gewichtige Eingriffe in die Tarifsysteme führen zu einem steigenden Personalaufwand sowie zu einem erhöhten Kostendruck.
- Der Fachkräftemangel lässt sich auch 2021 nicht entschärfen, vor allem für die Berufsfelder Humanmedizin und tertiären Pflegeausbildung.
- Der medizinische Fortschritt und die damit einhergehende Digitalisierung erfordern hohe Investitionen.
- Es entwickelt sich eine immer stärkere multimorbide Patientenstruktur mit einer Verschiebung Richtung chronischer Erkrankungen, gepaart mit einem zunehmenden Bewusstsein für eine hohe Versorgungsqualität.
- Die medizinische Versorgung wird durch die stetig steigende Spezialisierung und Komplexität stark fragmentiert.
- Die Überalterung der Gesellschaft führt zu neuen Versorgungsmodellen und treibt damit die Kosten weiter in die Höhe.
- Es ist ein Trend zur Ambulantisierung zu beobachten, was wiederum mit einem erhöhten Personalaufwand verbunden ist.
- Im Allgemeinen ist die Erwartungshaltung an die medizinische Versorgung durch einen immer besser informierten und anspruchsvollen Patienten gestiegen. Diese Haltung wird durch digitale Innovationen und ständig verfügbare Informationen weiter beschleunigt.
Bei all diesen Herausforderungen und der grassierenden COVID-Pandemie besteht die dringliche Notwendigkeit einer digitalen Transformation in Schweizer Gesundheitsinstitutionen.
Im zweiten Teil dieser Blog-Serie geht es um das Thema «Self-Services für Patient und Spital».
Quelle: Markstudie der Management-Beratung Synpulse 2020 – Auf dem Weg zum «digitalen Spital». https://themagazine.synpulse.com/
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